Samstag, 18. Februar 2012

Wintermorgen in Kyoto

Boah! Ne 3D-Animation!
Viel ist seit dem letzten Eintrag nicht passiert, aber da dieser Tag doch recht besonders ist/war, ehre ich ihn mit einem Einlass in dieses Walhall der Erinnerungen.

Die Vorgeschichte des eigentlichen Grundes für diesen Eintrag ist recht simpel. Am heutigen Freitag stand eine Abschiedsparty für eine Freundin an, die nächste Woche nach Singapur zurückkehrt. Naja, Abschiedsparty ist so ein zwielichtiger Begriff. Besser gesagt, es ging erst mal wieder zur Nomihoudai. Dieses Mal ins Hanbey (四条通), wo der Gin Tonic zwar nur Tonic ist, aber das Essen dafür lecker und die Gesamtatmosphäre ziemlich stylish. Fünfzigerjahre, Wände praktisch mit alten japanischen Postern tapeziert, Musik dementsprechend. Und weil im Hanbey neben おっぱいアイス (wörtlich übersetzt Titten-Eis, das zwar keines ist, aber für einen Lacher ist es trotzdem gut) auch noch anderer mehr oder weniger ausgefallener Kram auf der Karte steht, habe ich mir heute mal Frosch gegönnt. Zum ersten Mal und es war überraschenderweise verflucht lecker.
Anschließend ab in den Club, wo nichts erwähnenswertes vorfiel, außer dem üblichen und so verhassten Club-Rumgepimmel eben. Aber das wird bei mir definitiv unter Nicht erwähnenswert archiviert.

Das tatsächliche Ereignis aber, weswegen ich diesen Eintrag verfasse, beginnt eigentlich erst mit dem Verlassen des Clubs. Draußen angekommen durfte ich nämlich mehr als nur mäßig erstaunt feststellen, dass über der Stadt offensichtlich ein Koks-Transporthubschrauber explodiert war und die gesamte Umgebung mit weißem Gold benetzte. Haha, nein, kleiner Scherz am Rande. Kennt man doch. Schnee und so. Tatsache ist jedenfalls, dass zu dem Zeitpunkt alles bereits unter einer beachtlichen Decke selbigen Schnees lag und die Flocken, die gemächlich vom Himmel segelten, machten nicht den Eindruck, als würden sie bald damit aufhören. Denn selbst jetzt, wo ich etliche Stunden später diesen Eintrag schreibe, schneit es zwar weniger stark, aber es schneit. Nach einer Taxifahrt durch ein weißes Kyoto bin ich dann gegen 5 Uhr morgens zuhause angekommen und betrat meine Bude lediglich, um mich mit meiner Kamera auszurüsten und mich umgehend wieder nach draußen zu begeben, wo ich dann für die nächsten 4 Stunden (bis 9 Uhr morgens) Photos von jeglichem Zeug machen würde.
Erstmal beschränkte ich mich darauf, in der Gegend des Wohnheims Fluss, Bäume, Straßen und Gebäude abzulichten (oft mit mäßigem Erfolg in Ermangelung eines Stativs für längere Belichtungszeiten), machte mich dann aber nach ca. 20 Minuten auf den Weg in Richtung Norden, wo es angeblich einen Park gäbe.

Auf dem Weg dorthin hatte ich das Glück, eine winzige, enge und verwinkelte Straße durch eine kleine japanische Wohnsiedlung zu passieren, die bei der zu dem Zeitpunkt herrschender völliger Dunkelheit ziemlich cool aussah. Im Park angekommen, ging es zuerst wieder ans Photographieren diverser Bäume, Wege und ähnlichen Krams, bis mich mein Weg letzten Endes zu einem halbwegs großen, von Bergen umgebenen See führte. Irgendjemand hatte den auch ordentlich mit Enten versehen. Jedenfalls schwammen die gemütlich herum und sorgten neben einigen wenigen Joggern, mit denen ich zumeist ein おはようございます。 (Guten Morgen.) austauschte, tatsächlich für die einzige Geräuschkulisse. Abgesehen davon war die komplette Umgebung totenstill, was das Ganze doch sehr friedlich und andächtig wirken ließ. Ab und zu fällt vielleicht Schnee von irgendwelchen Ästen, aber das war es dann auch. Heftigst unterstützt wurde dieser Eindruck übrigens von der enormen Bewaldung der umliegenden Berge. Sehr natürlich. Nicht so viel Menschenscheiss.

Nachdem mir eine Joggerin ungefragt mitteilte, in welcher Richtung die Sonne aufgeht, fiel mir dann letztlich auch auf, dass es schon beschissen früh war und ich mir auch gut und gerne den Sonnenaufgang an so einem beeindruckenden Ort anschauen kann. Gedacht, getan. Position mit Blickrichtung Osten am Rand des Sees bezogen und mit Sommerschuhen im Tiefschnee für was weiß ich wie lange ausgeharrt, bis dann endlich die ersten Sonnenstrahlen den Schnee von meinem Mantel tauten. Lustigerweise war die Szenerie tatsächlich so faszinierend, dass mir die enorme Kälte, das Wasser in meinen Schuhen, die blaue Färbung meiner Hände und der Gefühlsverlust in diversen Extremitäten erst auffiel, als meine Kamera-Speicherkarte voll war. Leider hatte ich nicht das Glück, auf meiner Tour an irgendwelchen herausragend traditionellen Gebäuden, Schreinen oder Tempeln vorbei zu kommen und so musste ich auf schneebedeckte Pagoden, Torii und ähnliches verzichten. Vorerst. Noch ist es kalt genug, um auf den ein oder anderen verschneiten Tag hoffen zu dürfen.
Da ich dann aber sicherlich den wahrscheinlich schönsten Sonnenaufgang meines Lebens gesehen hatte und mein Sinn für Ästhetik einigermaßen befriedigt war, begab ich mich mit einer Dose warmen Kaffee auf den Weg nach Hause, immer mal wieder ein paar Fehlschüsse löschend, um noch Platz für das ein oder andere Rückwegsphoto zu haben. Über die mögliche Notwendigkeit einer Amputation meiner Füße dachte ich aber auch nach. War trotzdem einer der geilsten Morgen überhaupt.

Photos. Jetzt.









 







Sonntag, 5. Februar 2012

Triumphale Rückkehr

Durchaus, der Titel erregt Aufmerksamkeit. Leider geht es nur um meine Rückkehr zum Schreiben eines Eintrages, was eigentlich nicht besonders triumphal ist, ich weiß.

Es gibt nichtmal besonders viel zu erzählen. Im Januar beschäftigte ich mich hauptsächlich damit 6 Hausarbeiten zu schreiben und für die Klausuren zu lernen, die ich seit Mittwoch hinter mir habe. Da ich zwischenzeitlich auch noch krank wurde, hat sich mein Leben prinzipiell auf Lernen, Uni und Zocken beschränkt. Da jetzt aber die Semesterferien begonnen haben, ist es definitiv mal wieder Zeit für Party. Oder wie man in erhabeneren Kreisen auch sagt: Partey. Weiterhin ist es ebenso mal wieder an der Zeit, sich der kulturellen Vielfalt Kyotos (und seiner Umgebung) hinzugeben. Für die kommende Zeit stehen abgesehen von Kyotos Tempeln und Gärten nämlich auf jeden Fall auch noch Nara, Kobe und Hiroshima an.
Ich habe sogar mit dem Gedanken gespielt, mir hierfür noch eine kleine Digitaldingenskamera zu kaufen, da ich in letzter Zeit so oft unterwegs war und wundervolle Motive vorfand, ohne meine beschissene 17-Tonnen-Spiegelreflexkamera mitzuführen.

So. Da ich gerade nichts besseres zu berichten habe, wird nun die Liste der Dinge in Japan, die scheisse und weniger scheisse sind ergänzt. Und ich erwähne auch an dieser Stelle sicherheitshalber noch einmal: Ich liebe dieses Land. Dass die Liste nicht Dinge in Japan, die toll und weniger toll sind heißt liegt lediglich an der Tatsache, dass die aktuelle Bezeichnung die Aura meine unnahbare Coolness und meinen aufgesetzten, jedoch durchaus begründeten Weltenhass viel besser unterstreicht. Man lese ehrfürchtig.

Dinge in Japan, die scheisse sind:

  • Die Art der Japaner mit Energie (Strom und Benzin) umzugehen ist bescheuert. Der Motor bleibt an während man einkaufen geht und das gesamte Land wird mit stromfressenden Klimaanlagen geheizt.
  • Das japanische Schulsystem entbehrt jeglicher Logik und basiert lediglich auf dem exakten Wiederholen des vom Lehrer vorgekauten, ohne es aber tatsächlich zu verstehen.
  • Der Wind in Kyoto bläst einem wirklich immer ins Gesicht und ändert man die Richtung tut es der Wind früher oder später auch (zu erkennen an den Fahnen, die vor jedem Geschäft stehen)
  • Obwohl hier jeder mit dem Fahrrad fährt, wird man als Fahrradfahrer wie ein Aussätziger behandelt und darf nichtmal in der Innenstadt parken (Fahrräder werden halbwegs regelmäßig von offizieller Seite aus dem Stadtbild entfernt)
  • Japaner legen oft eine grausige Unmenschlichkeit an den Tag, indem sie sich einen Dreck um ihre tatsächlichen Handlungen scheren, sofern dabei ein sozialer Kodex eingehalten wird.
  • Japan hat zusammen mit Amerika ACTA entwickelt.
  • Auch wenn man schlank ist, fällt das Einkaufen hier oft schwer, weil einfach die Schnitte der Kleidungsstücke oft nicht mit westlichen Körper kompatibel sind.
  • Japanisches Supermarkt-Brot ist schlichtweg Kuchen. Man meint, Brot zu kaufen und es mag auf den ersten Blick ansatzweise so aussehen wie Brot, aber es schmeckt einfach nur nach Kuchen. Und nein, ich habe keinen Kuchen gekauft.
  • In vielen Restaurants ist aus mir unerklärlichen Gründen bei einem Besuch mit mehreren Leuten getrenntes Bezahlen nicht möglich.
  • Natto.


Dinge in Japan, die weniger scheisse sind:

  • Besonders im elektronischen Bereich erscheint hier praktisch alles früher. So z.B. die PlayStation Vita.
  • Unabhängig vom Wetter tragen Frauen hier auch im tiefsten Winter Miniröcke und Hotpants.
  • Es wird im Winter verglichen mit Deutschland um einiges weniger kalt.
  • Die richtigen Clubs (besonders in Tokyo) sind in der Regel um einiges unterhaltsamer als ihre deutschen Pendants.
  • Japanische Architektur (ob alt oder neu) und Botanik (ob künstlich angelegt oder natürlich) sind sehr ansehnlich und besonders Tempel und Gärten wirken extrem beruhigend.
  • Häufige kurze Zugfahrten mögen sich negativ auf den Geldbeutel auswirken, aber besonders längere Zugfahrten sind sehr erschwinglich (wenn man nicht gerade mit dem Shinkansen reisen möchte)
  • Während man in Deutschland oft lange Strecken zu diversen Sehenswürdigkeiten zurücklegen muss, reiht sich hier in Kyoto ein besuchenswerter Ort an den nächsten.
  • Es findet, übertrieben gesprochen, jeden zweiten Tag ein お祭り (Fest) statt, sei es nun in Tempeln, oder sonstwo.

An dieser Stelle ist vorerst Schluss. Dafür gibt es aber mal wieder ein paar spontane Schnappschüsse von unterwegs.




Und hier noch 3 Photos vom 吉田神社祭り (Yoshida-Schreinfest). Aufgrund fehlenden Equipments für gelungene Nachtaufnahmen mit einer Spiegelreflexkamera und meiner persönlichen Unfähigkeit, gelungene Nachtaufnahmen damit zu machen, bekommt ihr nur die Laternen zu sehen, die im Dunkeln sowieso am coolsten aussehen. Und ein Photo, das mit Blitz geschossen wurde. Ganz große Kunst.